Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk sind weltweit über 60 Millionen Menschen auf der Flucht. Aufgrund von Krieg, Elend, Verfolgung und Vertreibung sind sie gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Die meisten von ihnen finden Schutz in den Nachbarländern ihrer Heimat.
Libanon, ein Nachbarland vom Bürgerkrieg zerstörten Syrien, hat bisher 1,2 Millionen, Jordanien über 600.000, Ägypten über 130.000, Irak knapp 250.000 und die Türkei knapp 2 Millionen Syrer aufgenommen. Weil die Flüchtlingslager in den genannten Ländern überfüllt sind, oder weil einige Syrer sich bessere Bedingungen versprechen, haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr Syrer nach Europa aufgemacht.
Europa ist auch Ziel von Flüchtlingen aus Afrika und aus den Balkanländern. Dabei trägt Deutschland vor Schweden und Frankreich die Hauptlast. Das Phänomen Flucht und die Lebenssituation der Flüchtlinge sind nicht nur in Medien präsent. Immer mehr Deutsche erleben diese Entwicklung mit eigenen Augen und begegnen Flüchtlinge auf dem Amt, auf der Einkaufsstraße, in der Nachbarschaft oder in der Schule ihrer Kinder. Sportvereine müssen ausweichen, weil ihre Turnhallen zu Flüchtlingsunterkünften umgebaut wurden.
Neben den üblichen und bereits bekannten Ressentiments haben die vielfältigen Schicksale der Flüchtlinge sehr viel mehr Menschen in Deutschland berührt, aufgerüttelt und bewegt. Während man in der Suchleiste von Google “Flüchtlinge” eingibt, empfiehlt die Autovervollständigung an erster Stelle “Flüchtlingen helfen”.
Die Frauen- und Boulevardzeitschrift Brigitte gibt ihren Leserinnen und Lesern Infos & Tipps, wie sie Flüchtlingen helfen können. Inzwischen haben viele private oder karitative Initiativen eigene Websites geschaffen, um die vielen Hilfsprojekte und -möglichkeiten vor Ort sichtbar zu machen. In Dortmund haben alle großen karitativen Einrichtungen unter http://www.dortmunderfluechtlinge.de/ eine Plattform geschaffen, auf der Hilfsbereite angeben können, wie sie Flüchtlingen helfen können.
Die Neue Düsseldorfer Online Zeitung hat unter http://fluechtlinge-willkommen-in-duesseldorf.de/ ein Portal aufgestellt, auf der zusammengefasst ist, was die Flüchtlinge in Düsseldorf dringend an Sachspenden oder Hilfen benötigen. Darunter auch “Hilfe – uns gehen Wasserfarben und Stifte aus!!!” um entsprechende Spenden für Malprojekte für Flüchtlingskinder zu mobilisieren.
Es gibt aber auch bundesweite Online-Portale, die Informationen bündeln, Hilfsprojekte vorstellen und Ehrenamtliche vermitteln. Unter http://wie-kann-ich-helfen.info steuern Interessierte einen Blog an, auf der Hilfsprojekte angemeldet werden können. Auf http://ichhelfe.jetzt/ können Hilfsbereite zwischen Zeitspende, Sachspende und Wortspende entscheiden.
Da viele Flüchtlinge aus muslimischen Gesellschaften kommen, fallen Moscheegemeinden in Deutschland eine besondere Verantwortung zu. Während der Fastenzeit haben nahezu alle Moscheegemeinden ihre Türe für Flüchtlinge geöffnet, damit sie am täglichen Fastenbrechen nach dem Sonnenuntergang teilhaben können. Dort erfahren sie Seelsorge und werden in die Gemeindearbeit einbezogen. Einige Gemeinden organisieren Sachspenden und leiten Geldspenden, die während der Freitagsgebete zusammenkommen, Hilfsprojekten weiter.
Ein Online-Hilfsprojekt, das bundesweit für Aufsehen in den Medien gesorgt hat, weil es aus dem Rahmen der üblichen Hilfsprojekte fällt und dabei ein aktuelles Debattenthema berührt, ist http://www.workeer.de/. Aus ihrem Abschlussprojekt haben einige Bachelorstudenten eine eigene Initiative gemacht: ein Online-Jobportal für Flüchtlinge mit Arbeitserlaubnis. Viele Parteien aber auch Unternehmen und Wirtschaftsverbände fordern inzwischen vehement ein, dass möglichst vielen Flüchtlingen ein Recht auf Arbeit erteilt wird.
Wo ist nur der Staat? Die Antwort auf diese Frage ist angesichts der vielen Hilfsinitiativen überflüssig. Denn Menschen helfen Menschen. Bis jetzt führen die vielen Schicksale der Flüchtlinge dazu, dass diese Gesellschaft das Beste von sich zeigt. Wer weiß, vielleicht strahlt diese Bereitschaft zur Hilfe und Selbstorganisation auf viele andere Herausforderungen aus, die es in der deutschen und europäischen Gesellschaft zuhauf existieren. (ks)